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1989

Der «Fall Klötzli»

Die Nachspielzeit läuft im NLA-Spiel zwischen dem FC Wettingen und dem FC Sion, als den Aargauern der Ausgleich gelingt. Doch Schiedsrichter Bruno Klötzli pfeift das Spiel in dem Augenblick ab, als der Ball im Begriffe war, im Tor zu landen. Vier FCW-Spieler gehen anschliessend mit Fusstritten und Faustschlägen auf den Unparteiischen los. Die Folgen sind mehrmonatige Sperren.

Im Sittener Tourbillon läuft die 3. Minute der Nachspielzeit des NLA-Spiels zwischen dem FC Sion und dem FC Wettingen vom 7. Oktober 1989. Die Walliser führen dank eines Treffers in der 88. Minute von Mirsad Baljic mit 1:0. Dann ereignet sich eine der bis heute meist diskutierten Szenen im Schweizer Fussball, besser bekannt als «Fall Klötzli».

In den letzten Sekunden des Spiels landet ein Prellball vor den Füssen von Martin Rueda, der nicht lange zögert und mit einem Lob über Sion-Keeper Stephan Lehmann zum 1:1 für Wettingen trifft. Während der Ball in der Luft ist und seinen Weg ins Tor sucht, schaut Schiedsrichter Bruno Klötzli auf seine Uhr und stellt fest, dass die dreiminütige Nachspielzeit abgelaufen ist. Er pfeift das Spiel ab, der Ausgleich zählt nicht. (Die Situation im Video)

Dieser Entscheid lässt bei den Wettingern alle Sicherungen durchbrechen. Die Wut richtet sich gegen Klötzli und die Spieler jagen den Unparteiischen über den Rasen des Sittener Stadions. In der unübersichtlichen Situation versucht sich Klötzli loszureissen und zu schützen, kassiert aber vor dem Spielereingang Fusstritte und Faustschläge von verschiedenen FCW-Spielern.

Auf der Grundlage der TV-Bilder und des Schiedsrichterrapports verurteilt der SFV die vier Wettinger Spieler Martin Frei, Alex Germann, Reto Baumgartner und Roger Kundert zu mehrmonatigen Sperren und belegt sie mit hohen Bussen.

Was wurde aus den Spielern – und dem Schiedsrichter?

Der damals 30-jährige Martin Frei machte seinem Ärger Luft, schrieb den Verbandsbossen einen scharfen Brief und entschloss sich, die Karriere zu beenden. Roger Kundert zog sich sieben Wochen nach der Partie in Sion einen Kreuzbandriss zu. Weil das rechte Knie den Belastungen des Spitzensports nicht mehr standhielt, beendete er im Frühling 1990 die Laufbahn. Reto Baumgartner setzte seine Karriere beim FC Basel fort, spielte noch vier Jahre in der NLB und wurde später Beach-Soccer-Profi. Alex Germann trainierte ein Jahr beim FC Wettingen und stieg danach wieder ein, der geplante Wechsel in die Bundesliga zu Borussia Dortmund kam aber nicht mehr zu Stande.

Ein halbes Jahr später beendete auch Schiedsrichter Klötzli seine Karriere. Das Skandalspiel von Sion war sein letzter Einsatz auf höchster Stufe. Doch es kam noch schlimmer: der Unparteiische verfiel seiner Spielsucht und geriet auf die schiefe Bahn. 1999 wurde er wegen Urkundenfälschung und Vertrauensmissbrauch zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 18 Monaten verurteilt. Klötzli hatte als Bankangestellter zwischen 1990 und 1993 insgesamt 800'000 Franken unterschlagen. Mittlerweile lebt er zurückgezogen im Kanton Jura und führt mit seiner Frau ein Restaurant.